Quickfix für Stimmungstiefs? Gibt es das?

 Jein. 

wie ein Engel, dem die Flügel fehlen
Stimmungstiefs erfordern Handlung

Ich war Ende 20, als der Tag kam, an dem ich nicht mehr aufhören konnte zu weinen. War das ein Stimmungstief. Definitiv. War hier ein Quickfix möglich? Nope. Mein 3.5 jähriger brachte mir Spielsachen und Blümchen und umarmte mich, es half nix. Das war nicht ein kleines Stimmungstief, sondern ein massiver Einbruch, nach einigen turbulenten Jahren, in denen ich mein Studium abgeschlossen hatte, geheiratet und ein Haus gekauft hatte, meine ersten beiden kurz nacheinander bekommen hatte, meine Mutter in ein Pflegeheim gekommen war und dann innerhalb 2 Jahren beide Eltern verstorben waren mit allem was dazugehörte, von Beerdigung über Hausentrümpelung und Waisenantrag für meinen kleinen Bruder, war einfach die Batterie dermaßen erschöpft, dass an Quickfix nicht zu denken war. 

Eine Mutter-Kind-Kur mit erfahrenen Psychologen sollte das Problem lösen. Tat es das, natürlich auch nicht. Denn nach so vielen Jahren Raubbau an den eigenen Reserven, war auch eine 3-wöchige Kur nur ein Quickfix. (Vor allem mit 2 Kleinkindern im Schlepptau, war Kur etwas hochgegriffen.) Aber es war ein erster Schritt in die richtige Richtung. Ich habe schon in einem vergangenen Betrag gesagt, dass es immer mit dem ersten Schritt beginnt, so auch hier. Ich sprach endlich über die Belastung, die Überforderung, meine Trauer, die Sorgen. Und ich lerne andere mit ähnlichen Problemen kennen. Bewegung war auch ein absolutes Muss und das tatsächlich ohne Kinderwagen oder Kinder. Nur ich. Und andere Erwachsene Menschen mit ihren Problemen. Wir begannen mit Nordic Walken. Und es wurde besser. Kein tägliches Weinen. Aber noch oft. Ich konnte es mir jetzt erlauben und es zulassen.

Was ich als Präventologe und zertifizierter Anwender der Positiven Psychologie lernte, konnte ich schon damals am eigenen Leib erfahren. Bewegung hilft immer. Und eine unterstützende Gemeinschaft, offene urteilsfreie Gespräche mit guten Zuhörern und Unterstützung, wo es nötig ist.

Quickfixes gibt es schon. Es hängt aber von der Art des Stimmungstiefs ab. Wenn es eher kleine Täler sind, durch die man fährt, gibt es erprobte und nachweislich effektive Übungen, die man machen kann um das Tal schneller hinter sich zu lassen. Am Boden des Grand Canyon angekommen, braucht es mehr als schnelle Hilfe, vor allem etwas langfristiges. Da ist dann langsam zu klettern, besser als am Grund vor sich hin zu brüten. Die Frage ist dann eher, wie ist man dort gelandet und wie vermeidet man wieder dort zu landen. 

Langsam kommt man immer noch schneller voran, als die, die sich gar nicht auf den Weg machen.

Das Nordic Walken habe ich nach der Kur jahrelang beibehalten, mal mit Freundinnen, mal alleine und jetzt hilft mir schon eine halbe Stunde spazieren um meinen Kopf frei zu bekommen und die Nerven runterzufahren. Bewegung ist mein Alltag geworden, denn seit 4 Jahren hilft mir mein echter Hund, meinen inneren Schweinehund zu überwinden. Denn auch als Gesundheitsberater hab ich den natürlich trotzdem noch. 

Quickfixes bringen vor allem dann etwas, wenn ich mein Leben so lebe, dass ich erst gar nicht so tief abrutsche, sondern konstant ein gutes Polster an guten Erlebnissen und Emotionen einbaue. Erstens hält einen das ähnlich einer Rettungsweste an der Wasseroberfläche, und zweitens haben wir dann schon eine Art Gewöhnungseffekt für unsere Emotionen: bei bestimmten Übungen oder Tätigkeiten folgen schon automatisch die guten Gefühle. Ich bin dann sozusagen fit für den Parcours des Lebens, mit all seinen Hindernissen. 

Was passiert, wenn ich nicht fit für den Parcours des Lebens bin? Ich konnte das hautnah erleben. Obwohl ich schon einige gute Elemente in meinem Leben hatte, bin ich trotzdem ins straucheln gekommen. Denn das Wohlfühlposter, kann noch so gut sein, aber irgendwann ist es aufgebraucht, wenn man nicht wieder auffüllt. Und dass passiert leider leicht: Wenn man im Stress ist, ist man problemfokussiert. Es dreht sich meist alles um das Problem. Das sorgt für schlechte Stimmung, schlechtere Lösungsfindung (die im entspannten Zustand viel besser funktioniert), wegen der Laune fallen dann die guten Dinge leicht weg. Bei mir fielen im Stressmodus auch als erstes immer meine Hobbies (das Tanzen, Malen, Singen) hinten runter und die guten Gefühle, die dann eben auch fehlten, konnten das Polster nicht wieder auffüllen. Eine Abwärtsspirale begann. So geht es vielen Menschen und kaum betreibt man Raubbau an den Energiereserven, schon schaut die Depression um die Ecke. Und dort findet man leider alleine nicht raus. 

Die gute Nachricht ist: Soweit muss es erst gar nicht kommen, wenn man für sein Polster sorgt. Dafür habe ich den Videokurs “Fit für den Parcours des Lebens” erschaffen. Der ist vor allem für die Menschen, die Vorbeugen wollen und lieber eine Aufwärtsspirale starten. Menschen, die schon mehr Unterstützung und Begleitung brauchen, finden bei mir ein Einzelberatungen ein offenes Ohr und die Fachkenntnis als Präventologin und zertifizierte Anwenderin der Positiven Psychologie um ihre Krisen zu bestehen. 

Was ein Gesundheitsberater macht, kann man sich ja noch ein bisschen vorstellen, aber was das mit der Positiven Psychologie ist, nicht so ganz. Was ist das denn? Die Positive Psychologie beschäftigt sich nicht damit welche psychische Krankheiten es gibt und was dazu führt, sonder welche Faktoren dazu beitragen, dass Menschen sich gut fühlen, Krisen meistern  und aufblühen können. Dazu gehört die Optimismusforschung, also welche Vorteile es bringt, mit Zuversicht in die Zukunft zu blicken. Auch das Thema Ziele oder eine Richtung zu haben und sind relevant, genauso wie Offenheit auch mal neue Wege zu gehen, Neues zu wagen und die einfachen Dinge zu schätzen. Mit dem Wissen und den Übungen der Positiven Psychologie, kann man Depressionen vorbeugen und erholt sich schneller vor Krisen und Stress (undoing effect).

Das hört sich alles super positiv an im wahrsten Sinne des Wortes, aber natürlich bringt auch dieses Thema Nachteile mit sich:

  • Eigenverantwortung. Viel einfacher wäre natürlich eine Tablette, die einfach unsere Sorgen löst, sie vergessen macht oder uns nur glückliche Momente schenkt. Geht aber nicht. Will auch keiner. Gibt sogar eine interessante Studie dazu, aber dazu ein anderes Mal mehr. Wir sind für unser Glück und unser Leben selbst verantwortlich. Wir können Entscheidungen treffen. Eine Entscheidung nichts zu tun, ist auch die Entscheidung beim gleichen alten (Problem) zu bleiben. Und Eigenverantwortung ist unbequem, denn wenn etwas schief läuft, geben wir alle viel lieber jemand anderem die Schuld, weil das einfach leichter ist. Eigenverantwortung heißt auch, die Ursache für ein Misslingen bei sich selbst zu suchen und gegebenenfalls zu korrigieren. Definitiv unbequem und anstrengend. Aber dafür eben auch selbst das Steuer zu haben, statt nur Passagier im eigenen Leben zu sein.
  • Zeitaufwand. Wie schon erwähnt ist das mit dem Quickfix so eine Sache. Damit ich einen Quickfix nutzen kann, muss ich langfristig Zeit in mich selbst investieren. Übungen ausprobieren, dranbleiben, umsetzen, entscheiden, bewerten, manchmal auch umdenken. Zeitaufwändig? Ja, aber definitiv den Aufwand Wert, wenn man sich langfristig besser fühlen möchte. 
  • Neues Probieren. Auch das ist unbequem. Wer außer mir bestellt noch im Lieblingsrestaurant immer die gleichen Gerichte. Da erwische ich mich auch immer wieder. Da weiß man was man hat. Auch immer der gleiche Urlaub im immer gleichen Ort, ist nichts anderes, der bequemere Weg, weniger Anstrengung, das gefällt unserem inneren Energiesparer. Am Ende geschieht was Aufregendes und das kostet den Körper Energie. Aus dem gleichen Grund ist es oft schwer, sich von schwierigen Beziehungen oder Umfeldern zu verabschieden, weil man ja nicht weiß, was kommt. Ich weiß wovon ich rede, denn ich bin mitsamt Familie ausgewandert – auf einen anderen Kontinent. Ich kenne alle Bedenken. Ist es vielleicht die schlechtere Wahl? Wird es schlimm? Allerdings nimmt man sich damit auch die Chance auf etwas Besseres, Cooleres, Ungewöhnliches – sowohl im Restaurant als auch im Leben. Spoiler: ich würde jederzeit das Abenteuer Auswandern wieder machen. Ein Tagebuch dazu gibt es schon, ein Buch zum Perspektivenwechsel ist in Arbeit.
  • Fehler machen. Wenn wir etwas Neues probieren, passieren leicht Fehler. Wir sind dann ja gerade am Lernen. Das gehört dazu. Es kann auch vorkommen, dass wir eine Entscheidung treffen, die wir nachträglich nicht gut finden. Das gehört auch dazu. Wir können dann mit uns hadern oder eine neue Entscheidung treffen. Dazu gehört eine gute Portion Selbstmitgefühl und das Vertrauen, dass wir das schon schaffen. Dass wir auch mit Fehlern und falschen Entscheidungen wertvoll sind und es so machen, wie wir es zu dem Zeitpunkt am besten können. Und wenn wir es besser können, machen wir es besser. 

Fazit: Machen wir uns nichts vor, alles hat seine zwei Seiten und es liegt immer an uns, wofür wir uns entscheiden. Wenn wir uns gegen eine Veränderung entscheiden, entscheiden wir uns auch für die Nachteile, die die aktuelle Situation hat. Wenn wir uns für etwas neues entscheiden, werden auch damit einige Nachteile verbunden sein und wir können dann wieder neu entscheiden, ob wir etwas verändern oder vielleicht wieder zu alten zurück gehen. Veränderung braucht aber meist Zeit, ob es um eine Umstellung des Lebensstils geht oder das Annehmen und Leben mit von außen kommenden Veränderungen. Wie in meinem Fall, waren es Jahre, die mich zermürbt haben, da braucht es auch Zeit wieder ein Polster aufzubauen. Ich würde behaupten, wenn es lange braucht um an einen Tiefpunkt zu kommen, wird es auch einige Zeit brauchen, dort wieder heraus zu kommen. Es gibt aber auch sicher den Fall, dass ein plötzliches Ereignis, wie ein Verlust, uns lange beschäftigen, bis wir wieder wir selbst sind.

Mehr zu meiner persönlichen Geschichte gibt es in meinem Buch: Positiv trotz Schicksalsschlägen. (https://amzn.to/3PIaUbY)

Ich weiß, wie es sich anfühlt, nicht weiter zu wissen. Ich weiß, wie schwer es ist, sich auf Veränderungen einzulassen, ich weiß wie anstrengend etwas Neues sein kann. Wenn du Unterstützung brauchst, bin ich für dich da. 

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