Ich kann mich noch gut an den Tag erinnern, als mein Papa und ich ins Krankenhaus zu meiner Mama fuhren. Sie war 43 und hatte einen gutartigen Tumor im Bauch, der entfernt worden war. Sie war verwirrt, brachte keinen verständlichen Satz raus und von den Ärzten erfuhren wir nur, dass die OP länger gedauert hatte als geplant, da doch mehr entfernt worden war. Ich vermute bis jetzt, dass eine Sauerstoffunterversorgung der Auslöser war, für das, was folgte. Im kommenden Jahr liefen wir mit Mama von Arzt zu Arzt bis die Diagnose Alzheimer fiel.
Eine Welt brach zusammen. Es folgten einige Jahre, in denen ich mich von meiner Mutter immer mehr verabschieden musste, bis sie schließlich mit 55 an den Folgen der Erkrankung starb. Als ob das nicht schon schlimm genug war, verstarb mein Papa in dem Jahr vor ihrem Tod durch einen Motorradunfall. Meine Brüder und ich wurden Vollwaisen innerhalb eines Jahres und mein jüngster Bruder war gerade mal 23.
Ich habe eine schleichenden, langsamen und qualvollen Tod begleitet und ich wurde mit voller Wucht urplötzlich mit dem Tod konfrontiert. Beides wünsche ich niemandem und trotzdem weiss ich: es gibt nur wenig zwischen diesen Extremen. In beiden Fällen fühlte ich mich ohnmächtig und wusste nicht wie es weiter gehen würde. Und doch ging es weiter. Tag für Tag. Woche für Woche. Bestehend aus Taurigkeit, Tränen, Wickeln und der Verabschiedung vieler Lebensvorstellungen, zum Beispiel meine Kinder Zeit bei ihren Großeltern verbringen zu sehen.
Inzwischen sind 15 Jahre vergangen. Ich bin 43 und habe die gleiche OP vor mir.
Natürlich mache ich mir Gedanken. Meine Kinder sind noch jünger als ich damals war. Muss die Operation sein? Gibt es Alternativen? Was hat dazu geführt und – für mich als Präventologin und Gesundheitsberaterin am wichtigsten: was kann ich tun, damit keine weitere OP in ein paar Jahren ansteht? Die Wochen vor der OP waren mit Terminen voll, da ich nicht nur eine 2. Meinung haben wollte, sondern auch nach echten Alternativen gesucht habe. Leider sind die in meinem Fall nicht zu empfehlen.
Für mich bedeutet das einen neuen Abschnitt. Sich Gedanken machen über Vergangenes, über neue Wege über Veränderungen. Und ich möchte definitiv etwas ändern.
So wie mir geht es vielen Menschen jedes Jahr. Manche verlieren einen lieben Menschen und müssen einen neuen Weg begehen. Manche bekommen eine Diagnose, die sie aus der Bahn wirft und manche erleben einen massiven Einschnitt in ihrem Leben.
Selbstverständlich ist das schwierig. Es gibt Zeiten, in denen man so nicht weiter machen will und/oder kann, aber vielleicht auch nicht weiß, wie es anders sein könnte. Manchmal ist man so in seiner Situation gefangen, dass man sich nicht vorstellen kann, dass wieder andere Zeiten kommen.
Es ist wichtig, sich zu erlauben, Unterstützung zu bekommen. Vor 15 Jahre dachte ich, es geht schon irgendwie, bis es eben nicht mehr ging. Professionelle Hilfe musste her. Ich würde nicht mehr so lange warten, bis eine Depression einsetzt. Sinnvoll ist es sich frühzeitig Unterstützung zu suchen.
In meinem Buch Positiv trotz Schicksalsschlägen habe ich dieses Thema aufbereitet. Neben meinem Weg findet sich auch eine Aufstellung mit verschiedenen therapeutischen Methoden sowie eine Liste mit Anlaufstellen für Hilfe, wenn die große Krise schon da ist.
Als Präventologin ist mir aber natürlich mehr daran gelegen, zu helfen, diese große Krisen erst gar nicht aufkommen zu lassen. Das geht, wenn man sich schon vorher einen gesunden Lebensstil mit guten Routinen aneignet. Routinen, die einem helfen runterzukommen. Routinen, die einem helfen aufzutanken. Routinen, die ein “Wohlfühlpolster” aufbauen, dass wie ein Puffer für Krisen wirken kann.
Da sich manche Lebensereignisse aber nicht vermeiden lassen oder beeinflussbar sind, ist es aus meiner jetzigen Sicht sehr sinnvoll, nicht auf die große Krise zu warten, wo dann ein Psychiater oder Therapeut ran muss bei denen es leider zum Teil Wartezeiten von 6-10 Monaten gibt. Sinnvoller ist sich schon dann eine Begleitung zu suchen, wenn man merkt, dass ein Thema oder Ereignis stark oder länger beschäftigt. Hinzuschauen und eine Handlungsalternative, eine andere Perspektive oder im manchen Fällen direkt eine Lösung zu finden, würde ich jetzt der “Zähne zusammenbeißen/ignorieren und dann wird das schon”-Mentalität vorziehen.
Wer Beratung bei Lebenskrisen sucht, darf sich gerne an mich wenden.